TELEFONIEREN IN DEN 70ER/ 80ER JAHREN

Telefonieren in den 70er Jahren

Das Telefon hatte früher für uns Kinder und Jugendlichen eine ganz besondere Bedeutung. Kontakt zur Außenwelt. Man konnte sich mit Freunden verabreden, quatsche über Gott und die Welt und informierte sich über verpasste Hausaufgaben. Aber mit dem Telefon konnte man sich auch über das aktuelle Kinoprogramm informieren, sich die Zeit ansagen lassen oder sich Rat bei der Seelsorge einholen. Solche Dienste kosteten natürlich immer extra- auch wenn am anderen Ende nur ein Band lief. Die deutsche Bundespost hatte das Monopol und nutze dieses natürlich auch.



Aller Anfang ist schwarz

Bakelit Telefone aus der Nachkriegszeit sah man in den 70ern kaum noch. Auch erinnere ich mich nicht mehr das "Fräulein vom Amt". Solche Verbindungen waren automatisiert. An was ich mich wohl erinnere, ist die Telefonauskunft. Die haben in erster Linie eine Telefonnummer herauszufinden und gegen eine Gebühr wurde auch sofort verbunden.



Die graue Maus

Jeder, der einen Festnetz Telefonanschluss besaß, bekam so einen langweilig designten Fernsprechapparat. Finger in die Zahl die man wählen wollte und bis zum Anschlag rechts rum drehen. (für Alle, die es noch nie gemacht oder gesehen haben). Die Post nannte solche Geräte FeTAps (Fernsprechtischapparate). Gab es nur zur Miete. 



Die graue Maus für die Wand

Wer keinen Tisch oder keinen Platz hatte, bestellte sich ein Wandtelefon (Oft in Geschäften). Der Nachteil war, dass man diese Apparate nicht ins nächste Zimmer mitnehmen konnte. Man muss sich das mal vorstellen. Da wo der Anschluss war, kam oft ein Tischchen hin, darauf ein Deckchen, darauf das Telefon. 



Soooo schön

Wer etwas auf sich hielt und wem die graue Maus zu triste war, hüllte sein Telefon in Brokat oder Samt. Schön war das nicht wirklich, passte aber hervorragend zur Wohnwand in Eiche Rustikal. Der Nachteil. Keime im Stoff. Überall Keime, Keime, KEEEEIME.



Grün oder orange

Etwas später kamen dann solche Modelle auf den Markt. Es konnte zwischen den damaligen Trendfarben grün oder orange gewählt werden. Wirklich schöner waren die nicht. Was blieb, war auch der runde Zettel auf der Wählscheibe. Dort konnte man für Vergessliche die eigene Telefonnummer und die Nummer für Polizei und Feuerwehr anrufen. Farbe koste übrigen ein paar Pfennige mehr im Monat. Halsabschneider!



Nummern sammeln

Hightech vom feinsten. Man druckte einen Knopf mit dem Anfangsbuchstaben und eine kleine Schublade öffne sich genau an der richtigen Stelle wie von Geisterhand. Und mit etwas Glück (wenn man denn Freunde und Verwandte hatte) Stand da ein Name mit der dazugehörigen Nummer. Wenn einer kein Freund mehr war wurde endfreundet indem der Name gnadenlos gestrichen wurde.   



Kleine Revolution

Ende der 70er kamen die ersten Tastentelefone. Das war nicht nur schick und modern, sondern hatte den Vorteil, dass es schneller ging. Nummer speichern konnte man aber auch damit nicht. Die zusätzlichen runden Knöpfe dienten zur Weiterleitung an einen anderen Apparat.  

Wer´s genau wissen will, fragt WiKi



Da es ja früher keine andere Kommunikationsmöglichkeit auf Entfernung gab, wurde auch viel länger telefoniert. Die Kosten betrugen ca. 20 Pfennige für 7 Minuten (Ortsgespräch). In manchen Familien war das viel Geld.  Diese Uhren erinnerten einen genau an diesen Takt. Es klingelte und man sollte das Gespräch beenden. Nicht schön, aber clever. 

Gegen Nervensegen

Telefonieren stört die Anderen. Die Anderen stören beim Telefonieren. Eine Lösung war ein laaaaanges Telefonkabel. So konnte das Töchterchen samt Telefon in eigene Zimmer verschwinden. Nachteil: Die Zimmertür geht nicht mehr zu und die elterliche Kontrolle schwand.




Fort Knox

Einmal im Monat kam die Telefonrechnung mit der Post. Ein spannender Augenblick, wenn der Vater nach der Arbeit diese im Kreise seiner Liebsten öffnete. War die Rechnung zu hoch, gab´s einen Anschiss. Wurde es Eltern zu bunt, gab es ein Schloss für die Wählscheibe. Klein, aber leider sehr effektiv.



Gebührenzähler

Keine Ahnung wie dieser hier funktioniert. Höchstwahrscheinlich eine Kombination aus Telefonzeit und Entfernung. Es gab Gebührenzähler auch als Extragerät mit analogen Zahlenwalzen, später auch auf Wunsch im Gerät integriert. Wohl eher für öffentliche Telefone zum direkten Abrechnen.  



Mickey Maus änderte viel

In den 80ern verlor die Post das Monopol und die Bürger konnten Telefone auf dem freien Markt kaufen. Und das Mickey Maus Telefon war eines der ersten Designs. Ein unerfüllter Traum vieler Kinder. Erstens viel zu teuer und zweitens viel zu kitschig für die Wohnwand in Eiche Rustikal.



Freiheit für Alle

Ende der 80er kamen dann die ersten Schnurlostelefone für zu Hause. Sie waren groß und schwer, hatten eine Antenne und der Empfang reichte für die Entfernung innerhalb eines Zimmers. Trotzdem war es der Anfang einer neuen Freiheit. Die ersten kosteten weit über 500,00 DM



Die ersten "Handys" für unterwegs

Solche großen und schweren Koffertelefone konnte man tatsächlich mit sich schleppen. Die Verbindungsqualität war schlecht und das Netz dünn. Dennoch sah man (vorwiegend Geschäftsleute und Handelsvertreter) mit diesen Dingern.

Die ersten Telefone für das Auto gab es auch schon in den 80ern. Natürlich mit Telefonkabel am Hörer. Preis: bis 10 000 DM.



1m² des Grauens

Niemand, der eine solche geschlossene Telefonzelle jemals betrat, wird diesen Geruch jemals vergessen. Wenn du Pech hattest, hatte jemand seine Notdurft darin erledigt (also rein gepisst). Für Klaustrophober war es sowieso nix. Oft quetschen sich mehre Menschen da rein. Alle wollten halt wissen, was besprochen wird. Manchmal musste man in einer Schlange warten. Zuhören war dabei nicht zu vermeiden.



Münzen schleifen

Fiel eine Münze durch, rieb man diese am Apparat und versuchte es nochmals. So sahen viele Telefone dementsprechend verhunzt aus. 20 Pfennig einschmeißen, 7 Min telefonieren. So die Theorie.  Gespräche in andere Städte oder gar ins Ausland waren teurer. Bei solchen Auslands-gesprächen konnte man quasi zusehen, wie die Geldstücke schnell durchrutschten.



Gut zum beschweren

Jeder Haushalt konnte sich einmal im Jahr drei Telefonbücher abholen. Ein dickes mit allen Nummern aus einem bestimmten Bezirk, einmal ein kleines aus der Wohnort und einmal die gelben Seiten mit Gewerbe und Firmeneinträge. Was für eine Papierverschwendung, aber damals war es notwendig.



Ich glaube Keiner konnte sich damals vorstellen, wie schnell die Entwicklung voranschreitet. Kommunikatoren kannte man nur aus der Serie Enterpreis und selbst die konnten nicht so viel wie Smartphones heute. Viele besitzen schon gar keinen Festanschluss mehr. Auch hier hat das Handy gesiegt. Ich bin erstaunt wie viele Erinnerungen ich an Telefone herauskramen konnte. Hoffe dieser kleine Exkurs erfreute Euch.

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Kommentare: 7
  • #1

    Jürgen (Freitag, 12 November 2021 11:02)

    Erstaunlich wieviel Erinnerungen an so einem frofanen Gerät geweckt werden. Meine Eltern verriegelten auch die Wählscheibe. Andere Zeiten halt. Tolle Seite übrigens. Vielen Dank dafür, macht wirklich Spaß.

  • #2

    Julia (Montag, 15 November 2021 09:04)

    Ha, das gute alte Telefon. Geht es nur mir so oder ruft heute kaum noch jemand über Festnetz an?

  • #3

    Gitte (Samstag, 04 Dezember 2021 01:22)

    Telefon abschließen kenne ich auch noch. Voll gemein.

  • #4

    VeggieFfm (Montag, 04 April 2022 18:24)

    Ooooh, ja, vieles kommt einem bekannt vor. GRÜNES Tele, in meiner ersten Bude (als Azubi) -- erst mit Wählscheibe, dann mit Tasten. HERRLICH! :D --- Ja, spannend war es allemal, wenn man von dem damaligen Monopol, der Telekom, die Rechnung bekam. Erst die Grundgebühr immer im Auge, dann die eigentliche Rechnung. Toll war ja, bei Wählscheibe, kennt vielleicht jemand, dass man nen Stift in die Wahlscheibe-Löcher stecken konnte, beim Wählen. :D - DANN die gelben Telezellen, nun, da waren gaaanz früher noch die Telebücher enthalten, erst so drin gelegen oder dann auch wie als Ablagehalter festgepinnt, konnte man dann nicht so leicht mitgehen lassen. Der einzige Geruch, damals, war mehr ZIGGI-Rauch. -- Übel, wenn man NR ist. Und da musste dann, gut wenn keiner draussen anstand, die Tür aufgelassen werden, war ja eklig. Krass war auch, wenn einer telte und man es eilig hatte und dann die Tür aufmachte, und fragte, wann der fertig wäre,loooool. Heutzutage undenkbar!

  • #5

    VeggieFfm (Montag, 04 April 2022 18:27)

    Tolle Site übrigens. Sooo vieles kommt einem bekannt vor! Danke sehr für die Mühe, dass alles zu erstellen! Chapeau!

  • #6

    C Neu (Sonntag, 16 Oktober 2022 15:24)

    "Drei Telefonbücher" stimmt nicht so ganz. Es gab kein Großes mit Telefonnummern aus ganz Deutschland, sondern eines aus dem eigenen Bereich (z.B. Nürnberg/Fürth/Stein und noch ein paar kleinere Orte drumherum), dann das "AVON", ein Heft mit allen VORWAHLEN aus ganz Deutschland und die wichtigsten international, sowie "Das Örtliche", aber nicht überall, sondern nur in Kleinstädten zusätzlich zum "amtlichen" Telefonbuch der Post. Und alle Umschlagseiten in Post-Gelb gehalten. Und auf der Rückseite des AVON waren immer die Sirenensignale (oder waren die hinten auf dem Telefonbuch?) Die Bücher wurden übrigens vom Briefträger gebracht, erst später gab's per Post nur noch die Abholkarte, mit der man genau *ein* Buchset (und nicht mehrere) am Postschalter ausgehändigt bekommen hat. Noch viel später lagen sie dann frei aus. Ach ja, das waren noch Zeiten.... Gott sei Dank vorbei!

  • #7

    Retroprojekt (Montag, 17 Oktober 2022 10:08)

    @ C Neu. Du hast recht. Ein Telefonbuch für ganz Deutschland gab es natürlich nicht. Habe es im Artikel geändert. Danke für den Hinweis.