
Das Freibad war so weit der einzige Ort, wo wir Kinder uns frühzeitig ohne Erwachsene aufhalten konnten. Das war der Grund, warum auch ich bei fast jedem Wetter gerne ins Südbad ging.
Es war Wochenende und die Schlange vor der Kasse ging mal wieder bis nach draußen. Jetzt bin ich schon extra um 10:00 Uhr da und muss dennoch warten. Ärgerlich. Mein geliebtes Fahrrad habe ich gut abgeschlossen. Es war bekannt, dass gerade hier viel gemopst wird. In meiner Schwimmtasche war nur eine Decke und eine Flasche Wasser aus dem Kühlschrank, zur besseren Isolierung eingewickelt in Alupapier. Na ja Umweltschutz spielte in meiner Familie eine eher untergeordnete Rolle.
Hauptsache erst mal die Anderen finden
In den Sommerferien hatte ich immer einen Ferienpass. Diesen sponsorten immer meine Eltern. Für 5,00€ war es auch echt günstig und lohnte sich immer bei mir. Hallenbad oder Freibad. Zig Kreuze zierten meinen Pass. Für jeden Tag ein Kreuz. Nur wenn wir tatsächlich mal zwei Wochen im Urlaub fuhren, fehlten dann natürlich die Kreuze. Für die wenigen Badeanstalt-Besuche außerhalb der Ferien gab´s eine 10er Karte. Die musste ich allerdings vom Taschengeld bezahlen oder ließ mir diese zum Geburtstag schenken. Und wenn gar nix mehr ging, kletterten wir über den Zaun- zumindest im Südbad war das auch zu einfach.
An der Kontrolle vorbeiging es durch einen langen Gang aus Beton. Rechts und links waren die Duschen, die Umkleidekabinen und abschließbare Spinde.
Brauchte ich heute alles nicht. Badehose war schon angezogen und mein Barvermögen war mit 2,00 DM auch nicht so wertvoll. Dann ging es raus auf die Wiesen. Erst mal einen Überblick schaffen, cool wirken und die Anderen suchen. Die Anderen waren Freunde und Klassenkameraden und manchmal auch Unbekannte, die einer mitgebracht hat. Bei gutem Wetter am Wochenende waren wir auch schon mal 20-25 Kinder. Decke an Decke- wie eine Festung, nur ohne Mauern. Und wehe, es latsche einer über diese Deckeninsel. Natürlich waren auch Mädchen dabei und der ein oder andere hat hier auch gerne mal rumgeknutscht.
Erst mal ins Wasser
Erst mal mit der Decke sein Revier markieren und dann erst mal alle zusammen ins Wasser. Wir hatten eine 50m Bahn mit Startblöcken, ein Babyschwimmbecken und einen 10m Sprungturm. Gerade war der Dreier (also das 3m Sprungbrett auf). Damit es kein Chaos am Sprungturm gab, war immer nur eine Höhe geöffnet. Ab dem Fünfer stand dann auch immer ein Bademeister mit dabei und der hatte alle Hände zu tun, die Herde zu bändigen. Wenn einmal am Tag der 10er öffnete, sammelten sich gerne Schaulustige auf den Tribünen. Sie applaudierten beim Salto, lachten beim Bauchklatscher und staunten nicht schlecht, wenn jemand mit einer Arschbombe den Bademeister nass gemacht hat.
Abseits des Sprungturms konnte man auch gut mit Anlauf von den Startblöcken springen und die Mädchen mit Wasser vollspritzen. Auch angesagt war das döppen, also das Herunterdrücken im Wasser. War halt Körperkontakt mit Mädchen und das war in diesem Alter immer was Besonderes.
Mahlzeit
Natürlich hatten viele etwas zum Essen mit. Von einem Brot bis hin zu Keksen war alles dabei. Nur Schokolade war wegen der Temperaturen tabu. Dennoch war ein Höhepunkt des Tages der Gang zu Büdchen. Dort gab es neben Eis am Stiel und Süßkram auch Pommes und Bockwurst. Die Preise waren mit 1 DM für eine Pommes moderat. Ein Würstchen für 2,50DM leisteten sich hingegen wenige. Dafür bekam man ja noch eine Pommes und 15 Wassereis für die ganze Truppe. Getränke kauften hier auch nur wenige. Cola und Limo waren recht teuer und erwärmten sich viel zu schnell. Da reichte dann auch das mitgebrachte Wasser. Und es eine Regel. Wenn einer Deiner Freunde kein Geld mit hatte, wurde brüderlich geteilt (oder aber er bekam zumindest etwas ab).
Spielen
So ein Schwimmbadtag konnte lang werden. Am Wochenende auch schon mal zwischen 10:00 Uhr bis 19:00 Uhr. Um die Zeit sinnlos zu vertrödeln, wurde viel gespielt. Wir Jungs pölten natürlich gerne (Fußball) oder spielten Volleyball. Gesellschaftsspiele brachte natürlich keiner mit. Hätten ja nass werden können oder gar geklaut. Die Ausnahme waren Karten- oder Würfelspiele. Manchmal sogar um ein wenig Geld.
Die meisten Mädchen sonnten sich lieber. Braun war angesagt und Sonnencreme teuer und schwach. Nicht selten holte sich der Ein oder Andere einen gehörigen Sonnenbrand. Bei einigen pellte sich die Haut auf den Schultern und auf der Nase. Als wir etwas älter waren (so 15/16) war immer ein Ghettoblaster dabei und einige tranken hier im Schwimmbad auch ihr erstes Bier und rauchten ihre erste Zigarette.
Feierabend
30 Minuten vor Schließung kündigte der Bademeister diese Tatsache über die Lautsprecher an. Manche Kinder halfen jetzt beim Müll aufräumen. Zum Dank und als Lohn bekamen diese dann vom Bademeister eine Freikarte für das Freibad. Auch ich war von der Bewegung und der Sonne KO. Handtuch einpacken und ab nach Hause. Hoffentlich hat keiner die Ventile vom Fahrrad rausgeschraubt. Denn dann hieß es schieben. 3 Km schieben. Denn soweit war das Bad von meinem Zuhause entfernt.
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Michael P. (Dienstag, 16 November 2021 22:26)
Genau so war das. Ich war dabei. Schöne Zeit.
Hennes B (Samstag, 04 Dezember 2021 01:21)
Warst du im gleichen Freibad wie ich?
Kurt K. (Montag, 20 Dezember 2021 07:00)
Der Geruch nach Chlor und altem Frittenfett liegt mir heute noch in der Nase.
Hannes (Sonntag, 16 Januar 2022 23:22)
Jetzt mal ganz ehrlich. Die Jungs sind doch nur ins Freibad gegangen um Mädchen mal im Bikini zu sehen. Naja und um zu beeindrucken.
Thomas Wirth (Mittwoch, 26 Januar 2022 23:03)
Pommes und Eis im Freibad schmeckten ganz besonders. Man brauchte keine 20 Rutschen etc. Sprungturm reichte.
Frank (Donnerstag, 24 März 2022 23:36)
Bin früher gerne vom 10er gesprungen. Die Mädels fanden gut
Michelle (Sonntag, 27 März 2022 00:47)
Ja Bademeister waren schon immer speziell. Hatte mal einen als Freund. Hübsch anzusehen aber hohl in der Birne.