
Die gute alte Flimmerkiste. Was haben wir sie geliebt. Trotzdem das Programm wirklich nur durchschnittlich und eher Kinderuntauglich war. Wir reden hier gerade von den 70er und 80er Jahren. Spielfilme waren mit Heinz Rühmann, Teo Lingen, Liselotte Pulver oder Hans Moser. OK, später kamen dann Edgar Wallace und Hitchcock. Spielfilme für Kinder waren rar. Da gab es die ersten Zeichentrickfilme, Märchen, Filme wie das fliegende Klassenzimmer oder Serien wie Michel aus Lönneberger oder Pipi Langstrumpf. Aber das wurde selten ausgestrahlt, war dann für uns aber immer ein Fest. Und natürlich gab es Sport. Samstags und sonntags gut eine Stunde Sportschau, die Sportreportage und das aktuelle Sportstudio. Mehr nicht. Es sei denn es war Länderspielzeit oder es war Olympiade.
Aller Anfang ist klein und S/W
Unser erster Fernseher war Anfang der 70er klein und schwarz weiß. Das war nicht wirklich schlimm, denn die meisten Filme waren eh nur in schwarz weiß gedreht worden. Auch wenn Willy Brand das Farbfernsehen schon 1963 stolz präsentierte, dauerte es Jahre bis sich die Technik auch im Wohnzimmer durchsetzte. Farbfernseher waren teuer und nicht alle konnten sich so etwas leisten.
Mitte der 70er war es dann auch bei uns soweit. 70 Zentimeter Röhrenbildschirm (in Farbe), weißes Plastikgehäuse, 20 Kg schwer und... eine Fernbedienung. Auch wenn man bei drei Programmen nicht wirklich oft umschaltet (das Wort "zappen" war noch gar nicht erfunden) war eine Fernbedienung dennoch was feines. Was glaubt ihr, wer sonst immer zum Apparat latschen durfte um umzuschalten. Richtig! Nicht die Erwachsenen.
Endlich Farbe. Das machte schon was her und nicht alle Freunde konnten mit Farbe prahlen. Ich kann mich an Fußballspiele in s/w erinnern, da hatte man versäumt die Farbe der Trikots an s/w Fernseher anzupassen. Alle Spieler beider Mannschaften sahen dann gleich aus. Ende der 70er kamen dann immer mehr Farbfilme. Sendungen und Reportagen waren eh schon in Farbe.
Drei Programme
ARD/ ZDF und das Regionalfernsehen der Dritten Programme. Wenigstens bei uns in Westdeutschland. Da alles über Antenne empfangen wurde, gab es hier und da auch Überschneidungen. Wer Glück hatte, konnte so auch mal zwei dritte Programme (auch wenn 90% gleich war) oder gar Ostfernsehen aus der DDR empfangen.
Manche Programmzeiten waren wie in Stein gemeißelt. Klar 20:00 Uhr Tagesschau. 19:00 Uhr heute. 20:15 Spielfilm, später dann 18:40 Uhr Lindenstraße. 21:00 Dallas, 21:45 Uhr Denver Clan. 18:00 war Serienzeit. 18:20 Zeichentrickserien. Showzeit war Samstag und Dienstag 20:15. Da gibt es zig weitere Beispiele. Übrigens startete das Fernsehprogramm erst so gegen 8:00 und endete in der Woche gegen 23:00 Uhr und am Wochenende auch schon mal bis 2:00 Uhr. Aber wer war schon soooo lange wach.
Dann gab es noch das Phänomen der Programmansagerinnen. Adrett gekleidete junge Damen erzählten uns was in den folgenden Stunden so läuft. Welche Gäste es in eine Show geschafft haben, welche Schauspieler in Filmen mitspielten und natürlich die Themen von Reportagen. Und man hörte ihnen gerne zu. Meine Lieblingsansagerin war Hanni Vanheiden. Keine Ahnung warum, höchstwahrscheinlich weil sie auch mit Plumperquatsch moderiert hat :) Oh Mann, echt lange her.
Die gute alte Fernsehzeitung
Ein Highlight der Woche war freitags die Wochenfernsehzeitung. Sie war eine Beilage der Tageszeitung, die meine Eltern abonniert hatten. Diese wurde von mir erst mal studiert und die Highlights markiert. Wer einen Film aus Unwissenheit verpasste, musste oft zwei bis drei Jahre auf Wiederholung warten.
Bei drei Programmen war diese nicht besonders dick. Auch freute man sich über das Kreuzworträtsel (also die Mama) und über den kleinen Comic auf der letzten Seite. Eine ausführliche Fernsehzeitung für 1,- Mark kam meinen Eltern nicht ins Haus. Überflüsse Ausgaben nannte das mein Vater.
In den Anfangszeiten waren die s/w Filme extra markiert. Später gab es dann sogar Codes, um das Programmieren der Videorekorder zu erleichtern. Wahnsinn, wie lange uns dieses Blättchen begleitet hat. Meine Eltern noch heute.
Die Revolution des Videorekorders
Anfang der 80er kam eine technische Erfindung, die das Fernsehen wirklich revolutionierte. Ein großer Kasten und eine riesige Kassette speicherten Bild und Ton. Man konnte so nicht nur Fernsehsendungen aufnehmen, sondern es gab auch Geschäfte, in denen man Filme ausleihen konnte. Die Videothek. Anfangs gab es drei unterschiedliche und nicht kompatible Systeme. Video2000, Betamax und VHS. Alle hatten Vor- und Nachteile. Nach wenigen Jahren setzte sich VHS endgültig durch. Das Problem: Wir hatten Beta. Aufnehmen war kein Problem, aber ich konnte keine Filme mit Freunden tauschen und auch die Videotheken boten keine Betakassetten mehr an. Jetzt war unser Videorekorder aber so teuer, dass dieser mindestens zehn Jahre durchhalten musste. Was für Kindheitstrauma. Wir hatten also über die Jahre 20 Kassetten mit 40 Filmen. Manche wurden einfach überspielt, manche (gerade die Lieblingsfilme meines Vaters) mussten bleiben. Platz für Neuaufnahmen war rar und jedes Mal musste man sich entscheiden, welcher Film soll überspielt werden. Übrigens kostete so eine Videokassette in der Anfangszeit unglaubliche 35 DM. Für uns Kinder eine richtige Investition.
auch sehenswert...
Etwas besser wurde es, als unsere Nachbarn (stolze Besitzer eines VHS Rekorders) und wir (traurige Besitzer eines Beta Rekorders) sich zusammen ein Überspielkabel für 80 DM kauften. So schleppten wir abwechselnd die Rekorder hin und her, leiten uns ein paar Filme und überspielten diese. Nicht ganz legal, aber wo kein Kläger ...
Übrigens kamen die Filme erst ca. ein Jahr nach Kinopremiere auf Kassette. Wenn man aber die richtigen Leute kannte, klappte das auch manchmal früher. Die ersten Videokameras machten es möglich. Einer geht in Kino, die riesige Kamera unter der Jacke und filmte heimlich die Leinwand. Natürlich wurden alle fremden Geräusche und auch andere Kinogänger mit aufgenommen. Die Qualität war oft unterirdisch und wenn dann die Raubkopie noch zigmal wieder kopiert wurde... Naja wir hatten ja nichts anderes und wer topaktuelle Filme zu Hause sehen wollte, musste halt da durch. Übrigens wer einmal gelernt hatte einen Videorekorder zu programmieren (also die manuelle Eingabe der Anfang- und Endzeit) kommt heute auch ohne Probleme mit jedem Computer der Welt zurecht. Und wehe es gab mal eine Programmverschiebung. Dann fehlen am Ende dann oft mal 5 Minuten. Sehr ärgerlich.
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Michaela Scholz (Montag, 22 November 2021 12:46)
Die gute alte Flimmerkiste. Und nur nicht zu nah an die Röhre. Da verdirbt man sich die Augen.
LOL
Hennes B (Samstag, 04 Dezember 2021 01:19)
Genau so warst.
Sarah V (Montag, 03 Januar 2022 09:55)
Programmansagerin? Kenn ich gar nicht, ist aber mein neuer Traumberuf
Sven G. (Sonntag, 20 Februar 2022 11:59)
Was wohl die nachfolgenden Generationen über diese Seite sagen werden. Fernseher? Kenn ich gar nicht.
Hans W. (Dienstag, 12 April 2022 22:32)
Sehr gut beschrieben .Kann ich in vielen Punkten nur zustimmen und erkenne meine Kindheit wieder. Tolle Artikel, tolle Seite. WEITER SO.