
Mit dem ersten Fernseher der Familie tat sich für uns Kinder eine völlig neue Welt auf. War man bisher immer mit den Freunden zusammen, spielte miteinander und vergnügte sich begann ein neues Zeitalter. Plötzlich verabschiedeten sich Freunde mitten im Spiel, weil sie zuhause eine „Flimmerkiste“ hatten und sich im Programm des Fernsehens Sendungen zur „Kinderstunde“ anschauen konnten wie: Lassie, Fury, Mr. Ed, Flipper und wer weiß etwas anschauen „mussten“!
Wer selbst zuhause keinen Fernseher hatte, war glücklich, wenn er von seinen Freunden nach Hause eingeladen wurde, um gemeinsam eine neue Folge einer Serie zu sehen. Natürlich waren diese Filme in schwarz-weiß. Farbfernsehen gab es erst ab dem Jahre 1967, feierlich eröffnet von dem damaligen noch Vizekanzler Willy Brandt.
Aber egal ob in schwarz-weiß oder bunt, unsere Kinderfantasie ließ uns viel Spielraum für eigene Vorstellungen. Wir schauten damals in eine nahezu ovale Mattscheibe und das „Erste Deutsch Fernsehen“ vernachlässigte uns Kinder nicht und sendete Kindersendungen. Eine sehr populäre Sendung war dann auch die „Augsburger Puppenkiste“ die schon in den 60er Jahren sehr aufwendig gemachte Produktionen eines Marionettentheaters drehte und deren, an Fäden gezogenen Figuren begeisterten und unsere Fantasie anregten.


Nein, die Fäden, die immer sichtbar waren an denen die Figuren bewegt wurden haben uns nicht gestört, auch nicht die aus heutiger Sicht unwirklichen Bewegungen. Wir haben sie alle geliebt, den „Kleinen dicken Ritter, „Kater Mikesch“, „Lukas und Jim Knopf“, Der Löwe ist los“, „Urmel aus dem Eis“ und viele weitere aus der Augsburger Puppenkiste. Es waren unsere Helden die wir zum Teil, aus vorab gelesenen Kinderbüchern, die ja die Vorlage waren, kannten und sie durch das Medium Fernsehen Gestalt annahmen.
Selbst dem Kindesalter entwachsen und bereits „Teenie“ ging die Faszination an diesen Produktionen nur langsam verloren und wenn die jüngeren Geschwister sich die Augsburger Puppenkiste anschauten, so schaute man weiterhin mit ihnen, ohne sich dabei zu schämen.


Mit 17 Jahren begann ich meine Lehre und hatte mittlerweile ganz bestimmt andere Interessen, auf die „Piste“ gehen, „Disco“ und was weiß der Teufel nicht noch. Mein jüngerer Bruder schaute immer noch die für Kinder gemachten Programme und dann kam ich, der sich ja schon als „Erwachsener“ fühlte dazu, als er sich eine WDR Produktion anschaute mit dem Titel: „Robi, Tobi und das Fliwatüüt“
Die Machart dieses „Puppenspiels“ war für die damalige Zeit, also Anfang der 70er Jahre etwas völlig Neues und von der Filmtechnik her bahnbrechend. Es war die Mischung aus Puppenspiel und realem, gefilmten Hintergrundbildern gepaart mit einem modernen Märchen eines Kindertraumes.
Ja, ich habe tatsächlich als 17jähriger damals keine der Folgen danach verpasst, weil dieses fantastische, moderne Märchen so spannend und so unheimlich gut gemacht war!

Immer wieder erinnerte ich mich dabei daran wie begeistert ich als Kind die Augsburger Puppenkiste geschaut habe und mit den darin vorkommenden Figuren mitgefiebert habe.
Ende der 1990er Jahre habe ich unserer heute erwachsenen Tochter zum Einschlafen etwas vorgelesen, aus Michael Endes Buch: „Jim Knopf und die wilde 13“, aus Astrid Lindgrens „Kinder aus Bullerbü“ oder „Pippi Langstrumpf“. Immer noch animiert von meinen eigenen Kindheitserinnerungen konnte ich mit ihren Lieblingskuscheltieren auch ganze Szenarien für sie darstellen was sie unheimlich genoss.
Und heute spricht sie mich so bei mancher Gelegenheit darauf an, dass es ihre schönste Kindheitserinnerung ist, dass ich „Jim Knopf“ und „Kater Mikesch“, in ihrem eigenen Zimmer, zur Schlafengehens Zeit habe auf erleben lassen.
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Heute als alter Mann ertappe ich mich dabei, dass ich mir auf YouTube ganze Folgen von der Augsburger Puppenkiste anschaue und denke, irgendwie ist die Kindheit in mir nie verloren gegangen und nein, ich schäme mich auch nicht dafür.
Aber es scheint mir nicht nur allein so zu gehen, dass sich selbst im hohen Alter viele Menschen so ein kleines bisschen Kindheit bewahrt haben und mit diesem Bewusstsein die Enkel betreuen.
Vielen Dank lieber Harry für die tolle Geschichte und meisterlichen Illustrationen
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Retro Fan (Mittwoch, 05 Januar 2022 22:58)
Die Augsburger Puppenkiste war für uns Kinder der 60iger und 70iger was ganz besonderes. Nichts war perfekt aber alles wunderbar. Tolle Zeichnungen übrigens.
Nils (Montag, 10 Januar 2022 17:14)
Robbi, Tobbi und das Fliwatüt habe ich geliebt. Ja Zeichnungen sind toll
Monika (Sonntag, 16 Januar 2022 23:19)
Wenn das die Zeichnungen vom Verfasser sind d, Respekt, die sind einmalig
Nils Teussen (Donnerstag, 20 Januar 2022 23:32)
Damals hatten die Figuren noch Seele. Die Neuauflagen heute sind so rundgelutscht. Nicht schlecht, weil die Geschichte so nicht vergessen werden, dennoch nicht ganz mein Fall. Vielleicht werde ich auch nur alt.
Miriam H. (Freitag, 11 Februar 2022 00:07)
Jim Knopf war für mich als Kind immer eine tolle Sache. Für mich war Puppenspiel immer besser als Zeichentrick und wer das mal live gesehen hat weiss wovon ich rede.
Waldi Hartmann (Sonntag, 03 April 2022 01:00)
Das waren noch schöne Geschichten. Mit Inhalt und Lehren fürs Leben. Deine Bilder sind toll geworden.
Dagmar Kiontke (Mittwoch, 22 März 2023 16:39)
Nicht zu vergessen "Wir warten auf's Christkind" mit der Augsburger Puppenkiste.
Diese feiert übrigens dieses Jahr ihr 75. Jubiläum und hatte vor nunmehr 70 Jahren ihren ersten Fernsehauftritt.